MANN IN DER SONNE
Sie liest mir was aus dem „New Yorker“ vor,
den ich mir nie kaufe, ich weiß gar nicht,
wie der hier reinkommt, jedenfalls,
es hat was mit der Mafia zu tun,
es geht um einen Mafia-Boss,
der zu viel schlemmte und es
im Leben zu leicht hatte,
zu viele schöne Frauen, die ihm
die Eier tätschelten, und er
lutschte teure Zigarren und
junge Titten und wurde fett davon,
und jetzt kriegt er immer
Herzanfälle – und eines Tages
fährt ihn jemand in seinem großen Auto
die Straße lang, und ihm wird flau,
und er sagt zu dem Jungen, er soll
anhalten und ihn aussteigen lassen,
und der Junge legt ihn am Straßenrand
in die warme Sonne. Ich weiß nicht mehr
ob es sich um Kreta handelt oder Sizilien
oder das italienische Festland,
jedenfalls, er liegt da in der Sonne
und bevor er stirbt, sagt er:
Wie schön doch das Leben sein kann.
Und dann ist es aus mit ihm.
Manchmal muss man erst vier oder fünftausend
Männer killen, ehe man irgendwie
zu der Einsicht gelangt, dass der Sperling
unsterblich ist, Geld wie Pisse verdunstet
und man sein Leben
vertan hat.
***
HEIßER MONAT
Im Juli wollen hier
3 Frauen aufkreuzen,
vielleicht auch mehr,
sie wollen sich fest-
saugen an meinen
summenden Adern.
Habe ich genug
saubere Handtücher da?
Ich habe ihnen gesagt,
dass ich mich nicht
besonders fühle.
Ich war nicht
drauf gefasst, dass so viele
auf einmal mit
schlenkernden Titten
ankommen.
Mein Fehler ist,
dass ich mich zu gut
drauf verstehe, im
Vollrausch solche
Briefe zu schreiben,
Telefonate zu führen,
nach Liebe zu schreien,
wenn ich wahrscheinlich
selbst keine zu geben
habe.
Ich ziehe los mit einer
Einkaufsliste:
Handtücher
Bettlaken
Alka-Seltzer
Waschlappen
Schrubberstiel
Schrubber
Schwerter
Messer
Bomben
Vaseline –
Blumen geheimer
Sehnsüchte
die gesammelten
Werke von
De Sade.
***
RENTNER
Ich sehe mir die alten Rentner
in den Supermärkten an, und sie
sind dürr und stolz und halb tot,
sie verhungern im Stehen und
sagen keinen Ton. Vor langer Zeit
hat man ihnen neben anderen Lügen
beigebracht, Schweigen sei tapfer.
Jetzt, nach einem ganzen Arbeits-
leben, hat sie die Inflation er-
wischt. Sie sehen sich um und
stehlen eine Traube, kauen
darauf herum. Schließlich erstehen
sie eine Kleinigkeit. Ihr Einkauf
für den ganzen Tag. Wieder so eine
Lüge, die man ihnen eingeschärft hat:
Du sollst nicht stehlen.
Sie wollen lieber verhungern
als stehlen. Eine einsame Traube
bringt es nicht. Und in winzigen
Zimmern, wo sie die Sonderangebote
studieren, hungern sie vor sich hin
und werden sterben, ohne einen Ton;
junge Burschen mit langen blonden
Haaren werden sie heraustragen aus
Pensionen und in den Leichenwagen
schieben und losfahren, mit Gedanken
an Vegas und Pussy und Sieg. Alles
ist bestens geordnet: Jeder
kriegt einen Löffel Honig und dann
das Messer rein.
***
BOHNEN MIT KNOBLAUCH
Es ist schon wichtig, dass du
aufschreibst, wie dir zumute ist,
es ist besser, als wenn du dich
rasierst oder dir Bohnen mit
Knoblauch machst. Es ist das Wenige,
was wir tun können, dieses kleine
bisschen Mut, uns klar zu werden
über uns selbst, und natürlich
liegt auch Wahnsinn und Angst
in diesem Wissen,
dass ein Teil von dir
ein Uhrwerk ist, das einmal
stehenbleibt und nicht mehr
aufgezogen werden kann.
Doch jetzt
tickt es noch unter deinem Hemd,
und du rührst die Bohnen um
mit einem Löffel…
eine Geliebte tot, eine andere fort,
eine andere…
ah! so viele Geliebte wie Bohnen,
ja, zähl sie alle mal auf –
traurig, traurig
wie deine Gefühle ver-
brutzeln auf dem Herd.
Schreib das auf.
***
Charles Bukowski. Gedichte aus:
„It catches my heart in its hand“, New Orleans 1963
„Mocking bird, wish me luck“, Los Angeles 1972
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