(BILD: R.K.Smola / pixelio.de)
Manchmal liest man von fünf Sinnen, also wäre dieser bestimmte, um den es gleich gehen wird, nun der sechste. Zählen wir mal nach. Wir hören, sehen, riechen, schmecken und tasten. Das sind schon mal fünf. Wir haben aber auch einen Gleichgewichtssinn. Wir haben einen Sinn für Schmerzen. Für Temperaturen. Und für das Körperempfinden. Wir wissen also, wann es uns gut geht. Macht zusammen neun. Diese ganze Werbung mit den Pheromonen in Duftstoffen würde auch nicht funktionieren, wenn es dafür keinen Sinn gäbe. Menschen sagen, sie können sehen, was andere denken. Nehmen wir den Sinn für Magnetfelder, ist es wieder einer mehr. Und können nicht manche von uns sich so in den anderen hineinversetzen, dass sie fühlen wie der andere? Laute, die wir von uns geben, klingen oft anders, als das was wir wirklich sagen und wenn Du ein Bein hebst oder einen Arm schwingst, dann nimmst Du einen Sinn für diese Bewegung wahr. Der sogenannte siebte Sinn, der Sinn für Gefahr, wäre dann schon der sechzehnte. Und was ist mit dem Sinn für Sinnlichkeit? Ergibt das alles einen Sinn?
Ich kenne noch einen Sinn mehr, den anscheinend nur Frauen haben. Es ist der Sinn für Blicke, die auf ihnen ruhen. Er ist sowas von seltsam und unerklärlich, denn er bewirkt einen Schutzmechanismus, obwohl der Blick als das auslösende Moment genau das Gegenteil möchte. Wir brauchen dafür einen Namen, der unverwechselbar ist, weil es dafür kein deutsches Wort gibt und man ihn ja irgendwie beschreiben muss. Ich nenne ihn den Glupschomat. Weil er einen Automatismus auslöst, der den Frauen anscheinend gar nicht bewusst ist. Nur Frauen haben den Glupschomat. Und so funktioniert er: Die Aufgabenstellung lautet, die vor Dir auf der Straße gehende Frau soll ihren Pulli oder ihr T-Shirt mit einer Hand während des Gehens ein kleines Stück mehr über den Hintern nach unten ziehen, ohne es ihr zu sagen. Nichts leichter als das. Du musst ihr nur fortwährend auf den Arsch starren, der vor Dir her schlingert. Und Zack, greift die Hand nach hinten. Funktioniert immer! Ich habe es Hunderte Male getestet. Dabei ist das noch die Lightversion des Glupschomats.
Das Zupfen am Pulli geschieht quasi ganz nebenher und wie selbstverständlich, aber immer nur nachdem Du hingeschaut hast – nie vorher. Nach meiner Beobachtung geschieht diese Bewegung völlig autonom. Frauen merken das nicht mal. Das bringt mich zu der Annahme, dass es der Blick selbst ist, der das Zupfen auslöst. Ich habe damit experimentiert. Es funktioniert auch, wenn der Blick nur ganz kurz ist, aber dafür mit entsprechender Intensität. Wenn ich also hinterher stackere und nur mal so kurz und flüchtig hinsehe, dann passiert gar nichts. Wenn ich aber hinstarre und denke: "Was für ein Prachtarsch", schwupps, kommt die Zupfehand. Das ist natürlich fatal, weil ich ja gerne mal denke "was für ein Prachtarsch" und dann ist wieder ein bisschen weniger Pracht. Inzwischen habe ich es im Auslösen des Glupschomats zu großer Meisterschaft gebracht.
Funktioniert übrigens auch mit anderen Körperteilen. In der S-Bahn sitzen die Damen, vertieft in ihre Bücher oder lesen irgendwas in ihren Handys und da denkt der Mann von Welt ja gerne mal: "was für ein wunderschönes Dekolleté"… nein, das denkt er nicht. Er denkt "was für prächtige Möpse, die würde ich aber gerne mal"… aber in dieser Geschichte bleibt es beim Dekolleté. Also schau ich da hin – zum Dekolleté – und Zack, meldet sich der Glupschomat. Ohne auch nur in meine Richtung zurück zu blicken, schauen die Ladies sich selbst an und rücken die Sache zurecht, auch wenn es bis dahin gar nicht viel zu sehen gab. Nochmal ein bisschen weniger ist das immer gleiche, fatale Ergebnis des Glupschomats. Ich schaffe es inzwischen mühelos, dass perfekt sitzende Röcke nochmals weiter nach unten korrigiert werden, ohne dass die Person mich selbst überhaupt gesehen hat.
Das Ergebnis ist also immer: Je mehr Appetit, desto weniger auf dem Teller. Faszinierend. Aber welchen Sinn macht dieser Sinn, liebe Frauen? Ist die hübsche Kleidung, sei es nun bewusst oder nicht, eigentlich nicht genau deswegen aufgetragen, damit sie dazu verführt, hinzusehen? Und es funktioniert doch auch wunderbar. Wir schauen da hin. Könnte der tiefere Sinn des Glupschomats darin liegen, dass das Weib sich vor seinen eigenen Reizen versteckt? Ist es eine Unsicherheit, die durch unsere Blicke ausgelöst wird, obwohl sie doch genau das Gegenteil bewirken sollen? Und wenn das so ist, dann müsste es eine evolutionäre Entwicklung eines Gegensinns beim Manne geben: Obwohl er gar nicht hinschaut, kriegt er jetzt aber ganz viel zu sehen!
Ist das nicht ein bisschen viel verlangt? Fragt der Mann.
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