EXILE ON MAIN STREET
Die 50 besten Rock- und Popalben aller Zeiten. Heute: The Rolling Stones – Exile on main street
(Hier geht es zu Teil 1. Dire Straits: Making Movies).
(Hier geht es zu Teil 2. Fleetwood Mac: Rumours).
(Hier geht es zu Teil 3. Nina Hagen: Nina Hagen Band).
Ein Stones-Album herauszupicken und zu schreiben: „Das ist mein Lieblingsalbum“ ist für einen Liebhaber der Stones etwas kaum Machbares. Zu viele Highlights gab es über die Jahre, zu viele Täler, aus denen heraus sie wieder über Höhen schwebten, zu viele Akzente, in denen die Stones sich immer wieder neu definierten und doch das typische Grundrauschen beibehielten. Von den rund 30 Studioalben sind viele großartig und nur wenige unterdurchschnittlich. „Some Girls“ beispielsweise, ist ein überaus ambitioniertes Werk, dass noch gerade so am Einknicken vor der großen Discowelle vorbei einen Meilenstein setzte, ohne irgendwelche erkennbaren Schwächen, während der Nachfolger „Emotional Rescue“ fast nichts bietet, außer mit dem Titelsong eine Neuauflage des großartigen 'Miss you', nur diesmal eben auf epische Länge aufgepumpt, mit noch mehr tanzbarem Basslauf und noch mehr Jaggersch'em Jauchzen. Sechs Jahre nach "Emotional Rescue" sah ich einen Film, der „The Rolling Stones – Die ersten 25 Jahre“ hieß und wir lachten und dachten und sagten es auch: „Als ob es nochmal 25 Jahre werden, diese Spinner!“.
Heute nach insgesamt 56 Jahren Bandgeschichte (die Stones spielten zuletzt vor vier Tagen in Düsseldorf), wissen wir es besser. Wenn auch diejenigen, welche den Stones-Sound nicht mögen, zugeben müssen, dass es – wenn schon nicht die größte – dann eine der größten Rock'n'Roll-Bands der Geschichte ist, dann müssen es auch unter den vielen Studio- und Livealben mindestens eine, wenn nicht gar mehrere Scheiben sein, die in die Reihe der größten Werke in der Rock- und Popgeschichte gehören. Mein Favorit heißt „Exile on main street“.
Der 1972 erschienene Doppel-Longplayer ist eines von vier Alben, auf dem Mick Taylor neben Keith Richards als Gitarrist agiert und rückblickend verstärkt sich der Eindruck, dass er die Übrigen mehr als nur inspiriert hat. „Exile on main street“ ist rau. Es ist bodenständiger, ehrlicher Rock'n'Roll, der zeigt, was für ein Potential in einer Band stecken kann, wenn sie gemeinsam in eine Richtung rudern und sich nicht, wie jahrelang zuvor in den 60ern, gegenseitig das Wasser abgraben, weil es einfach zu viele Leitwölfe gab. Brian Jones, der nach seinem Tod durch Mick Taylor ersetzt wurde, muss ein schwieriger Zeitgenosse gewesen sein, nach alldem was man heute über die Stones lesen kann. Mick Jagger ließ sich von Jones nichts aufdiktieren, weil er seine eigene Vorstellung vom Weg der Band hatte und Keith Richards, auf den nahezu alle Ideen zu den Stücken der Stones gehen, war der Dritte im Bunde. Das konnte einfach nicht gutgehen. Und vielleicht hat der Tod von Brian Jones erst dazu geführt, dass die Band sich zu der Qualität entfalten konnte, die ein mehr als 50-jähriges Bühnenleben rechtfertigt. Das an der Côte d' Azur eingespielte Album wirkt nach all den Achterbahnfahrten der vorherigen Werke im Nachhinein wie ein Neubeginn, zu dem sich die Stones, verfolgt von diversen Steuern- und Drogenfahndern zusammenfanden, um zu beweisen, dass sie es auch solide können.
Und das Ding ist solide, fürwahr. Es gibt keine Hitsingle darunter, mit Ausnahme von „Tumbling Dice“ und das ganze Werk hat eine durchgängig hohe Qualität kerniger Songs, weniger klanglich, sondern viel mehr handwerklich. Der Song „Shine a light“ war Namensgeber des späteren Scorsese-Films über die Band. Doch es brauchte keine Hits, um es zum besten Album der größten Rock'n'Roll-band zu machen. Wer die Stones mag, dem wird „Sweet Virginia“ von Anfang an ein Ohrwurm gewesen sein und so geht es mit fast allen Titeln darauf. Sozusagen Balsam für die Seele des Fans, der erst so richtig wirkt, wenn man das Gesamtwerk betrachtet. In der Liste der 500 besten Alben des Musikmagazins „Rolling Stone“ wird es auf Platz sieben geführt. Allerdings sind unter den Top Ten gleich vier Beatles-Alben, was einen echten Stones-Fan dann doch an der Glaubwürdigkeit der Rangliste zweifeln lässt.
Kleine Klangprobe? Bitte sehr!
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