Die Tochter des Wurstkönigs

Es war jeden Morgen das Gleiche. Der Bus brauchte bis zur Schule ungefähr 50 Minuten samt Umsteigen, weil ich aufgrund meiner hervorragenden, schulischen Leistungen auf einer Schule unterwegs war, die solchen Schläfern wie mir eine zweite Chance gab. Viel zu viel Zeit, um sie ungenutzt zu lassen. Also verzichtete ich in grenzenloser Großzügigkeit auf das Erledigen von Hausaufgaben und holte das morgens im Bus nach. Das hatte den Nachteil, dass ich mir jeden Morgen jemand suchen musste, der mir sein Heft zum Abschreiben überließ, aber den ungeheueren Vorteil, dass ich mich konstruktiver Freizeitgestaltung widmen konnte. Ich weiß nicht mehr, wie ich das hingekriegt habe. Aber es funktionierte jedes Mal. Ich stieg zu, halbtrunken vor Müdigkeit und sortierte die Mitschüler nach Erdkunde, Mathe, Bio und setzte mich dann zielgenau neben den Richtigen. Mindestens darin bewies ich großes Talent. Fächer wie Englisch, Französisch, Deutsch, Musik und Ethik erledigte ich grundsätzlich nie. Erstens reichte die Zeit nicht aus, wenn man morgens im Bus Mathe oder Physik nachschrieb, und zweitens improvisierte ich in den übrigen Fächern so zielgenau, dass es nicht aufflog. In Zahlen ist das kaum auszudrücken, aber ich schätze 50 Prozent meiner Hausaufgaben haben meine Mitschüler erledigt. Aufrichtigen Dank dafür!

Eines Morgens lernte ich an der Schulhaltestelle die Wurstprinzessin kennen. Sie hieß Steffi und war als Einzelkind die Tochter des Wurstkönigs, der im Ort mehrere Wurstbrutzelbuden sein Eigen nannte. Des Wurstkönigs Buden waren überall bekannt. Sie standen auf Dorffesten, vor Supermärkten, zu Veranstaltungen, zu jeder Gelegenheit konnte man die rollenden Wurstbomber finden. Und Steffi sollte eines Tages das ganze Wurstimperium erben. Zweifellos eine gute Partie, wenn man ständig so hungrig war, wie ich. Steffi hatte in ihrem Leben offenbar schon eine Menge Bratwürste verzehrt. Für ihr Alter war sie nicht nur erstaunlich groß gewachsen. Einfach alles an ihr war sehr groß. Sie überragte mich um fast einen Kopf Länge und hatte eine kräftige Statur. Ihr Busen wäre in unserem üblichen Klassenwettbewerb, den wir Jungs akribisch zu ausführlichen Listen brachten, mühelos die Nummer Eins geworden. Und sie hatte einen wunderbaren, großen, runden Hintern. Die Wurstprinzessin stand also dort an der Haltestelle, gackerte wegen irgendwas mit einer der Hofdamen rum und zog mich einfach ins Gespräch mit ein – ohne, dass wir uns kannten. Ich war immer noch sehr schläfrig, die Freundin ging und ich murmelte nach einer Weile was von "muss jetzt los", ohne ihr überhaupt zugehört zu haben. In diesem Moment zog sie mich an sich, drückte mir Ihre Riesenbrüste ans Schlüsselbein, zog meinen Kopf nach oben und knutschte mich ausgiebig. Ich war völlig wehrlos – und schlagartig wach. Dann löste sie ihren Klammergriff, schob mich an und rief mir "Bis morgen, mein Süßer!" nach, wobei sie so laut lachte, dass es mir ein bisschen peinlich war.

Es war ein Kuss wie kurz vor der Frage "zu mir oder zu dir?". Er war voller Intensität und er drückte nicht mehr und nicht weniger als sexuelle Gier aus. Kein Junkie dürfte mit dem Gefühl kurz nach dem Abschießen in die Venen besser bedient sein. Dieses Leben hatte echt ne Menge zu bieten, soviel war schon mal klar. Ich nahm die Droge dankbar an und war den ganzen Morgen über betäubt davon und es wirkte noch bis zum Abend nach. Am nächsten Morgen stand die Wurstprinzessin wieder da. Sie breitete die Arme aus wie jemand, der seinen Liebsten seit Wochen nicht mehr gesehen hatte und rief mir "Da bist du ja endlich – mein Gott was bist Du niedlich!" entgegen. Die anderen liefen staunend an uns vorbei Richtung Schule und sahen verstört aus. Das war mir egal, denn ich war angefixt und brauchte den nächsten Schuss. Ich griff in ihren Nacken, wie ich das in Filmen gesehen hatte, und führte ihren Mund runter zu meinem und schon war Party, wo sie sein musste. Wir knutschten auf diese Art einige Minuten rum, dann brach sie ab, gab mir einen Klaps auf den Arsch und sagte dann "Nun aber los und ab in die Schule, mein Kleiner!" Was für ein Weib! – dachte ich.

Am nächsten Morgen stand Steffi schon wieder da und breitete ihre Arme aus. Während sie sich auf den Absätzen hin und her drehte, hüpften Ihre Glocken wie vor Freude auf und ab und ich erkannte sofort, dass sie einen weiteren Knopf der Bluse offenstehen ließ, damit ich es sehen konnte. Mit einem "Na, mein süßer Fratz?" umarmte sie mich wieder wie drei Wochen nicht gesehen und umfasste mich mit ihrer ganzen Pracht so umfassend, dass ich darin vollständig versank. Während sie mein Knie zwischen ihre Beine presste, stellten wir einen neuen Knutschrekord auf und sie verabschiedete mich mit "Nun aber hurtig, mein kleiner Spatz und pass schön auf Dich auf". So ging das einen Tag nach dem anderen. Sie nahm sich jeden einzelnen Morgen einfach, was sie brauchte und wusste dabei ganz genau, dass ich für alles Weitere noch deutlich zu grün hinter den Ohren war. Nachdem ich die ersten paar Male meinen Spaß dabei hatte, wurde es langsam aber sicher unangenehm, vor allem weil sie nach der Show immer die Mutti abzog. Es gehörte zweifellos zu ihrem Kick, nur brachte es mich runter. Täglich wartete sie auf den Schulbus, nahm mich, und ich lieferte. Nach zwei Wochen war es erstmals soweit, dass ich ihre Fantasien nicht mehr bediente, indem ich ihr aus dem Weg ging. Nichts gegen einen gekonnten Zungenkuss, aber der Zug fuhr halt immer nur in eine Richtung.

Ich zwang mich dazu, meine Hausaufgaben zu erledigen, damit ich einen Bus früher nehmen konnte. Die Wurstprinzessin stand nun zur falschen Zeit an der Kutsche und ihr Prinz kam nicht. Der saß inzwischen jeden Morgen zwanzig Minuten vor Unterrichtsbeginn in der Klasse und hatte alle Hausaufgaben erledigt, was die Lehrer zu völlig falschen Schlüssen verleitete. Der Wurstkönigin wurde das dann auch zu langweilig und sie krallte sich einen anderen Neuntklässler, der sie befeuchten sollte. Ich sah die beiden erstmals ineinander verkeilt, kurz nachdem ich mir im Faschingsbedarf eine Perücke ausgesucht hatte, weil mir das frühe Aufstehen auf den Zeiger ging. Der arme Zwerg stellte sich dabei nicht sehr geschickt an, aber das dürfte der Wurstprinzessin egal gewesen sein, schließlich hatte sie das Sagen hier. Da sieht man mal, welche Chancen man im Leben verpassen kann. Könnte heute selber Wurstkönig sein. Und zwar einer, der küssen kann!

 

 

 

 

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2 Kommentare

  1. Gelesen am salonabend Thomas am 3.11.17

  2. Gelesen am 17.07.17 am Lesetresen im Café Cralle, Text 1

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