Das goldene Hinkelsnest

Neulich sah ich mir den „goldenen Handschuh“ an. Ein Film über den Psychopathen Honka, der in den 70ern mehrere Frauen kalt machte, um sie dann in Einzelteilen in die Gauben seiner Dachstube zu stopfen. Vermutlich war ihm das Rausschleppen der Leichenteile zu mühsam. Das erinnerte mich schlagartig an alte Zeiten. Nicht etwa, dass ich dazu …

Daumen im Wind

Ich hasste diese Termine auf dem Arbeitsamt. Aber ich musste dahin, wenn ich meine Bleibe und das bisschen Geld nicht verlieren wollte. „Bringen Sie Ihr Ausweisdokument mit“, stand da immer. „Ich möchte mit Ihnen über Ihre Beschäftigungssituation reden“. Es waren die Achtziger. Es gab keine Beschäftigung. Es gab oft genug nicht mal eine Situation. Man …

Der große Brand

Die Bottiche waren so schwer, dass der Aufzug leicht in die Knie ging, als wir sie reinwuchteten. Drei randvolle 50-Liter-Tonnen hatten wir zusammen. Charly war es, der auf die Idee kam, sich Tante Margot als Abnehmer für Ihre überreifen Pflaumen anzubieten. „Wir machen da astreinen Stoff draus“, sagte er. Er wusste, wie das geht und …

Zweikommazwei

Als die blauen Lichter hinter uns auftauchten, war mir sofort klar, dass ich geliefert war. Es war vier Uhr morgens, ich hatte eindeutig zu viel gebechert, ich hatte drei betrunkene Mitfahrer – und sie würden mich dran kriegen. Eigentlich wusste ich, wie man mit diesen Kontrollen souverän umgeht. Es nützte einfach wenig, sein schlechtes Gewissen …

Wie man das Volk zählt

Bild: Wikimedia Commons: Volkszählungsbögen an der Mauer 1987   Volkszählung? Nicht mit uns. Eine kleine Erzählung zum zivilen Ungehorsam aus einem halben Land, das es nicht mehr gibt. Es muss so Anfang 88 gewesen sein, als ich beim Umziehen in einer Ecke meiner Küche etwa zweihundert Volkszählungsbögen fand. Alle vollständig ausgefüllt, aber ohne Erfassungsnummern, die fein …

Grün ist die Hoffnung

Es war kurz vor Weihnachten, überall lag hoher Schnee in den Straßen. Ich war gerade dabei, ein unsterbliches Gedicht zu schreiben, als das Telefon klingelte. Melinda war dran. Ich hatte sie im Sommer während einer Fortbildung kennengelernt. Sie war nicht besonders hübsch und an allem seltsam unbeteiligt. Ihre Haut war etwas zu blass und sie …

Ab durch die Mitte

Shanghai. Vier Uhr nachmittags. Abends um 11 würde mein Flieger vom Airport Pudong starten. Sieben Stunden Zeit. Aber ich musste unbedingt noch in diesen Laden mit den Filmen und CDs. Verdammt gute Kopien. Selbst die Hüllen samt Prägeschriften und den Covertexten waren von den Originalen nicht zu unterscheiden. Die Adresse hatte mir jemand auf Chinesisch …

Verfluchtes Amsterdam

Bild: shuman/pixabay Der Buchhalter fütterte die Katze und wir machten uns auf den Weg. Wir waren gut vorbereitet, weil wir uns diesmal mehr Zeit als üblich gönnten. Sogar genug, um den Kadett zu betanken. Die Chaos-Brothers waren wieder auf dem Weg. Es waren 600 km bis nach Amsterdam, wir hatten einen vollen Tank, drei Päckchen …

Wie vom anderen Stern

Wenn ich heute an meine Ausbildung in den frühen 80ern zurückdenke, fallen mir reihenweise Sachen ein, die es einfach nicht mehr gibt. Schon allein diese Arbeitswelt an sich, die so herrlich ineffizient war, dass es reihenweise unnütze Gestalten gab. Fast alles musste von Hand geschrieben werden, weil es einfach noch keine Computer gab. Bestenfalls nutzte …

Auf den ersten Blick

Der erste Eindruck entscheidet, sagen sie überall. Schlecht für mich. Im ersten Eindruck bin ich immer beschissen. Ich weiß das, aber ich kann es nicht ändern. Auf Fotos sehe ich immer nach einem aus, der ich nicht bin. Wer mich kennenlernt, hält mich für alles Mögliche, aber nie für den, der ich wirklich bin. Ich …