So schwäzze mir

Da wo ich her bin, klingt die Sprache so eigenartig, dass die Einwohner sich dazu entschlossen haben, den kompletten Satzbau zu verändern, damit sie sich wenigstens untereinander verstehen. Da ohnehin immer zu viel geredet wird, mögen sie es, wenn das gesprochene Wort auf das Wesentliche reduziert wird.

"Unn?" (Hallo, wie geht es Dir heute?)
"Gudd. Unn selschbd?" (Danke, gut, und wie geht's Dir so?)
"Ei jóóh. Muss." (Geht so, ist halt ein bisschen schwierig, aber da muss ich durch)
"Alleh dann" (Dann mach's mal gut. Bis zum nächsten Mal)

Es erschien uns Eingeborenen auch viel sinnvoller, Worte zu verwenden, die man nur dort kennt, wo sie ausgesprochen werden. Das war eine kluge Entscheidung. So wurde die Sprache zum Instrument der Identifikation. Wer sie sprechen kann, ist Teilhaber der Gemeinschaft und muss so nicht umständlich befragt werden, woher er kommt:

"Wenns da pressiert, wächselschdes Trottwa, do gebdds die Plümmos fürs Schesslong" (Wenn Du es sehr eilig hast, die Überzüge fürs Sofa zu sehen, musst Du auf die andere Gehwegseite wechseln).

Außerhalb unserer Sprachwelt kommt es oft zur Verwirrung, weil der weibliche Teil der Einwohner in der Region mit neutralen Artikeln versehen wird. Es heißt dort "Es Hilde" oder "Das Anna", was keineswegs abschätzig gemeint, sondern nur in der Faulheit begründet ist, dass man dort alle Frauen als Mädchen oder Fräulein ansieht und sie so ein Leben lang als holde Weiblichkeit ehrt. Erst nach der ehelichen Vereinigung hält der weibliche Artikel Einzug in die Sprache:

"Es Hilde hadd de Bägger Heinz geheirad" (Die Hilde heiratete Heinz Becker).
"O jóó, dann wiad se ball wie die ald Bäggersch" (Dann wird sie schon bald wie seine Mutter sein)

In diesem, meinem wundersamen Land legt man großen Wert auf die innerdeutsche Grenze zum "Reich", wie die Kriegsgeneration noch heute gerne sagt. Dabei wechselte die Nationalität schon so oft, dass es nicht so wichtig ist, welche Nationalhymne man lieber mag. Und die europäischen Nachbarn mögen uns so sehr, dass sie auch unsere Sprache sprechen. Daher sagen meine Leute auf jedem beliebigen Dorffest jenseits der Grenze gerne mal:

"Ei mach ma moh noch e Bier" (Ich würde gerne noch ein Bier bestellen)

Und die Antwort ist wie selbstverständlich:

"Ei  jóóh. (Sehr gerne, kommt sofort)

Eine Besonderheit der Sprache ist das Holen, anstatt es uns "zu nehmen". Das ist der liebenswürdigen Art der Eingeborenen zu verdanken, denn gegenüber Fremden sind sie stets so freundlich, dass sie ihnen entgegen kommen und den täglichen Bedarf unseres Lebens dort abholen, wo sie ihn vermuten:

"Wenn de nidd es Audo holschd, um se abzuholle, hollschda jo's Läwe, wenn de zu Fuß gehschd". (Wenn Du nicht den Wagen nimmst, um sie abzuholen, wird das viel zu anstrengend, die ganze Strecke zu Fuß zu laufen).

Die schönste aber unserer Eigenarten ist der Hang dazu, das Leben auf die wesentlichen Bedürfnisse des Menschen zu reduzieren. Wir arbeiten beispielsweise so gerne, dass wir uns damit sehr beeilen, um schon bald wieder an den begehrten Arbeitsplatz zurückzukehren. Um dort entsprechend gestärkt zu sein, sprechen wir einer gehaltvollen Ernährung zu. In Kombination mit ausgedehnter Nachtruhe und einem gesunden Verhältnis zu flüssiger Nahrung streben wir das sogenannte Saarvoir Vivre an:

"Wenn de Scheff anruuft, sahsche, ich wär nur kurz uffm Kloh, ich muss mich nämlich dummele, weil heid ohmnd gudd gess wird unn do komm ich nidd beizeite ins Bedd, wemma äns meh pagge." (Sollte der Chef anrufen, sagst du, ich wäre nur kurz auf der Toilette, ich muss mich nämlich beeilen nach Hause zu kommen, weil es heute Abend gut zu essen gibt und ich sonst zu spät in's Bett komme, wenn wir einen über den Durst trinken).

Sollte also eine der nächsten geplanten Reisen dorthin führen, so empfiehlt es sich, anstatt eines Sprachkurses den Einheimischen zu lauschen und so den Sprachschatz sowie mit ihm die spirituelle Sicht auf die wesentlichen Dinge des Lebens sprunghaft zu erweitern.

"Alleh dann".

 

 

 

 

*************

 

Ein Kommentar

  1. Danke un ach noch e merci,

    jo Saarbrigge un die Saar, ich bleib Dehemm ….do isses gud un ähnfach.

    Alles klar an de Saar

     

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert