Die 50 besten Musikalben aller Zeiten. Eine subjektive Auswahl. Heute:
Dire Straits- Making Movies.
Das 1980 erschienene Album war weniger was für die Freunde anspruchsvoll gestalteter Plattencover. Die Hülle war schlicht rot mit einem blauen Streifen am Rand, auf dem oben der Name der Band und unten der Titel des Albums stand. Als Liebhaber der schwarzen Scheiben freute ich mich immer über Bilder, die man sich beim Hören der Songs betrachtete oder über Geschichten zur Entstehung des Albums oder zumindest auf die ein oder andere künstlerische Entdeckung auf den Hüllen oder sogar auf dem Vinyl selbst, wie beispielsweise auf dem Styx-Album "Paradises Theatre", wo ein wunderschönes, farbiges Laser-Logo auf den Rillen eingeprägt war.
Doch dieses Werk der Dire Straits bietet leider nichts dergleichen. Selbst die Innenhülle könnte kaum schlichter sein und zeigt sogar nur drei der sechs mitwirkenden Musiker: Neben Mark Knopfler blieben Pick Withers (Schlagzeug) und John Illsley (Bass) in der Formation. David Knopfler war gerade ausgestiegen, hatte aber trotzdem noch Anteil daran. Seine Gitarrenriffs sind auf den Stücken "Solid Rock" und "Expresso Love" deutlich zu hören. Am Studioalbum wirkten mindestens noch Roy Bittan und Sid McGinnis mit, die beide aber ebenso wie Marks Bruder David unerwähnt blieben!
Dafür ist der Inhalt selbst unschlagbar gut, das Werk gehört meiner Meinung nach zu den 50 besten Platten der Rock- und Popgeschichte und JA, IRGENDWANN BESPRECHE ICH HIER AUCH DIE ÜBRIGEN 49. Würde ich abschätzen wollen, wie oft sich die Scheibe schon auf meinem Plattenteller drehte, dann dürfte das eine ordentlich dreistellige Zahl sein. Sie folgte als drittes Studioalbum den Werken "Dire Straits" und "Communiqué". Das anschließende, auf "Making Movies" folgende Werk fiel in der Qualität deutlich ab, auch die späteren LPs erreichten diese Qualität nicht mehr.
Die Zugnummer war "Tunnel of Love". Ihr vorangestellt war ein seltsam anmutender Walzer, welcher der Feder von Richard Rodgers entstammt, der für das Musical "Carousel" diese Takte 1945 schrieb, als es am Broadway uraufgeführt wurde. Darauf folgen acht (!!) Minuten musikalische Offenbarung, die vor allem vom ausgeprägten Hang Mark Knopflers zu ausgefeilten Gitarren-Arrangements leben, wobei Knopflers Gitarre die Hauptrolle spielt. Mir geht es bis heute so, dass ich während der langen Instrumentierung des Stücks geradezu sehen kann, wie seine Hände virtuos über die Saiten springen, und was dabei für die Ohren rauskommt, war für mich vom ersten Hören an Suchtpotential. Jeder einzelne Ton der Gitarrensoli prägte sich mir in kürzester Zeit ein und wie oft ich diese Melodien auch ohne Plattenteller Ton für Ton in meinem Kopf abspielen ließ, kann ich nun wirklich nicht mehr zählen. Textlich ist es, keine Überraschung, ein Liebeslied, aber eines mit einem sehr schönen, langen und lyrischen Text.
Alle Songs auf der Platte, ausnahmslos, wären für sich genommen eine Auskopplung als Single wert gewesen und sie sind mir auch alle gleich viel wert: Ich höre "Hand in Hand" ebenso gern wir "Les Boys" und doch sticht die erste Seite die zweite aus, denn die drei Songs zu Anfang sind jeder für sich genommen eine Ausnahme in der gesamten Rock- und Popgeschichte.
Neben Tunnel of Love brilliert das folgende "Romeo and Juliet" sowohl textlich als auch musikalisch. Welch geniale Idee, dass Julia, als Romeo sie singend vorm Balkon anbetet, sich so für ihn schämt, wo sie doch gerade Karriere macht und die Chance hat, aus ihrem eher armen Viertel auszuziehen, um ein besseres Leben zu beginnen. Und Romeo erinnert sie daran, dass sie füreinander bestimmt sind, ganz egal, mit welch großen Tieren sie noch zusammen kommt, denn sein "You and me Baby, how about it", es kommt von Herzen. Anders als im Bühnenstück, wo die beiden sich Liebenden den Tod wählen, weil sie wegen ihrer verfeindeten Familien nicht zusammenkommen, versucht hier Julia, sich vom so unverschämt auftretenden Romeo abzuseilen, weil er ihrem Stand nicht entspricht und Romeo zieht hier singend alle Register. Das einleitende Gitarrenspiel klingt fast wie ein Piano, weil Knopfler hier eine spezielle Resonanzgitarre verwendet. Allein schon dieses Intro wird mich nie mehr verlassen. Der Verlauf des Stücks ist derart stark von einem gleichsam sentimentalen wie intensiven Ausdruck geprägt, dass die einprägsamsten Zeilen (Zitate aus Liebesfilmen) wie in Stein gemeißelte Statements daherkommen: "When you gonna realize, it was just that the time was wrong, Juliet?".
Der dritte Song der fantastischen Trilogie heißt Skateaway und war einer der ersten MTV Videos, die, wie man sie heute nennen würde, viral wurden: Ein auf Rollschuhen daher fahrendes Mädel mit Kopfhörern erlebt so allerlei in der großen Stadt, wobei man sich rückblickend aus heutiger Zeit vor allem bewusst machen muss, dass sowohl das Skaten, als auch der Walkman gerade erst ihre Siegeszüge in der Jugendkultur antraten und somit das Stück schon wegen der hohen Symbolkraft eine riesige Anziehungskraft entwickelte – ganz abgesehen vom fantastisch guten Text und dem innovativen Intro über das nachhallende Schlagzeug sowie die erneut genialen Soli von Mark Knopfler. Bis heute wundere ich mich, dass Knopflers Gitarre die einzige auf der ganzen Welt sein soll, die eben genau so klingt wie seine: ich würde jedes Stück der Dire Straits daran erkennen, dass diese Gitarre einsetzt.
Über "Making Movies" schrieb das Musikmagazin "Rolling Stone": Es ist das Album, in dem Mark Knopfler aus seinem Schatten heraustritt und das Album, in dem die Band in den Schatten Knopflers eintritt. Die Kombination seines lyrischen Skripts, der intensiven Stimme und seines Rock'n'Roll Soundtracks ist atemberaubend. Das Album hat alles, was die ersten beiden Alben hätten sein sollen, es aber nicht waren. Wenn "Making Movies" wirklich ein Film wäre, würde er alle Filmpreise abräumen.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
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